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Groll und die Beziehung zu meiner Unterwelt

Es ist der dritte Tag eines Trainings ins Erwachsenwerden. Wir stecken mitten in einem Initiationsprozess, bei dem wir allen Groll und Hass erst gegen unsere Eltern, und dann gegen uns selbst aussprechen und die Gefühle auch ausleben. Bei dem letzten Teil, also beim Groll gegen uns selber, ist der Raum am lautesten, die Gefühlsausbrüche am stärksten. 

Warum hegen wir gegen uns selber den meisten Groll? Ich kann das für die anderen Teilnehmer*innen nicht beantworten, aber in meinem Fall wird mir langsam klar, wo das herkommt. Am besten lässt sich das verstehen, wenn ich mir bewusst werde, wie Groll entsteht. Groll ist ja dieses Gefühl von großer Wut, weil mich jemand „verletzt“, also im Regelfall meine Erwartungen enttäuscht. Und woher kommen diese Erwartungen? In meinem Fall aus der Annahme, dass die andere Person ganz anders handeln würde. Auf mich selber bezogen: dass ich das ja alles schon viel besser können sollte. Und viel besser sein sollte.

Das ist wunderbares Futter für meine Unterwelt. Denn mit dem Groll kann ich mich selber davon abhalten, in meinem Selbstbewusstsein zu bleiben, und neue Wege zu gehen. Stattdessen bade ich in Wut über mich selber, und bin energielos und gefangen. Und bleibe dadurch am Ende in meiner Komfortzone. 

So ritterlich solche Sätze wie „es tut mir leid, ich bin so dumm!“ auch klingen. Sie sind Bullshit, die nichts heilen, nichts vorwärts bringen, sondern mich kaputtmachen und vom Wachsen abhalten.

Wie komme ich daraus? Ein erster Schritt ist es, mir dieser ganzen Mechanik bewusst zu werden. Und dann erstmal laut STOP sagen, jedesmal, wenn ich Wut gegen mich selber richte. Mich einfach dagegen entscheiden. „Okay, ich mache das gerade, und ich höre auf damit“. 

Die Gedanken verschwinden so bei mir, aber die selbstzerstörerische Wut dahinter verschwindet meistens nicht. Das liegt daran, dass ich eine Unterwelt habe, die sich mit solchen Gedanken und Gefühlen füttert. Deshalb ist ein zweiter Schritt, eine Beziehung zu meiner Unterwelt zu knüpfen. Wie geht das? 

In dem ich zum Beispiel einfach mal mit der Unterwelt sprechen: „Hey, was brauchst du gerade, Unterwelt?“ oder „Was will eine dunkle Seite von mir, die ich gerade unterdrücke?“ Meine braucht zum Beispiel gerade einen Raum, wo sie da sein kann. Ich kann ihr einen halbstündigen Raum des bewussten Jammerns, meckerns, Zerstörens etc. geben. Ja, sie ist einverstanden.

Oder ich nehme die Wut als Tür für einen emotionalen Heilprozess. Und damit wird der Groll ein Schlüssel für mein eigenes Wachstum.

Das sind meine zwei Top-Möglichkeiten, um aus der Grollmaschine rauszukommen. Wie ist das bei dir? Wann gehst du in Selbstzerstörung und machst dich damit kleiner? Und wie kommst du wieder raus? Ich freue mich über deine Erfahrungen!